Judith Reusch liest aus „Anna – Das Buch der Wörter“
Datum:
Uhrzeit:
19:00
Ort:
Stadtbücherei
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Anna – das Buch der Wörter

Ein Buch hat immer Wörter – außer es ist ein reines Bilderbuch. Was also meint Judith Reusch, wenn sie aus ihrem Debüt – Roman liest?

Es ist ein leises, tiefgründiges Buch – voll lauter Substanz, mit Flow und Aktualität. Der Roman erzählt eine Migrationsgeschichte vor dem Hintergrund des polnischen Kriegszustands um 1981, der von Wojciech Jaruzelski ausgerufen wurde, um die Demokratiebewegung zu verhindern. Die Autorin, geboren 1973 in Polen, hat diesen Ausnahmezustand erlebt und flüchtete damals mit ihrer Familie nach Deutschland. Die Romanfigur und Protagonistin Anna (zunächst Ania) teilt zwar manches mit ihrer Schöpferin, die Fantasie hat allerdings beim Schreiben jede Menge Spuren der Unterschiedlichkeit hinterlassen. Die Autorin Judith Reusch, mittlerweile promovierte Germanistin und Dozentin an der Universität Stuttgart, klärt auf: „Anna ist ein Konstrukt.“

Ania, so heißt die Protagonistin während ihrer Zeit in Polen, bleibt mit ihrer Schwester bei den Großeltern, die Eltern lassen die Kinder zunächst zurück – in der Hoffnung sie schnell nachholen zu können – und reisen nach Deutschland aus. Im Chaos, das den politischen Umständen geschuldet ist, findet die achtjährige Ania eine äußerst clevere Bewältigungsstrategie: Sie erstellt ein Buch der Wörter. Darin versucht sie, alle für sie nicht begreifbaren Begebenheiten wie in einem Lexikon aufzulisten.

Es ist ein Wörterbuch einer Flucht und enthält Begriffe wie: Permitscheine, Ausnahmezustand, Zufall, Migräne …. Die Wörter werden mit klugen Beschreibungen und bildreichen Geschichten versehen, wie etwa der Begriff „Migräne“: „Das Wort hört sich arrogant und eingebildet an, es klang wie eine hochnäsige, eingebildete, doofe Tante (…). Sie mochte die Tante nicht. Sie war so selbstbezogen.“

Judith Reusch legte der Protagonistin zahlreiche solch virtuoser Metaphern in den Mund: Etwa „(…) und so kam ihr die Wartezeit in den Gängen vor wie eine zähe graue Zeitsuppe“ oder „Menschen, die nur am Rande der Gesellschaft teilhaben, die nur herumstehen und nichts reden, sind Statisten“.

Die zu Anna gewordene Ania schlüpft, angekommen in Deutschland, in solch eine Statistenrolle, da sie Angst hat – von einer Wortinsel zur nächsten Wortinsel gehend –. „nass zu werden“. Es dauert, für die Mutter eine bedenklich lange Zeit, bis sich Anna entschließt, ein deutsches Wörterbuch anzulegen und aus ihrer Stummheit, die zwischen der polnischen und der deutschen Sprache wie ein Graben angesiedelt ist, quasi ein zweites Mal zu entfliehen. „Aber sie wuchsen aufeinander zu, diese Inseln, das spürte Anna deutlich.

Umklammert wird die Geschichte von Anna durch die Erzählung der Lektorin Thea, welche die Geschichte Annas 35 Jahre später als Manuskript in ihrem Verlagsbüro vorfindet. Auch Theas Geschichte ist die einer inneren Einsamkeit und Isolation, die ähnlich wie Annas gut ausgeht: „Nun stimmte alles“, lauten die letzten Worte der Binnenerzählung. Auch für den Leser stimmt am Ende alles, der Roman ist rund und sprachlich klar – auch in Bezug auf die unterschiedlichen Handlungsstränge – und ausgesprochen fantasievoll erzählt. Es wirkt an keiner Stelle konstruiert, die Geschichte fließt stetig ihrem guten Ende zu. Und: Sie enthält die Wahrheit und Weisheit einer Flucht, die sich jeder in sein persönliches Wörter- beziehungsweise Notizbuch schreiben sollte.

In Kooperation mit der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Schneverdingen e.V.

Eintritt frei

Foto: © Sandra P. Thurner

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