Schmauchige Klänge auf dem ausverkauften Theeshof
International bekannte Independentmusiker der Blues- und Roots-Szene rocken kulturhistorisches Ambiente
Am Sicherheitspersonal und den Absperrungen kommt keiner mehr vorbei, der Theeshof ist dicht. Die „Blues, Roots & Song“-Veranstaltung des Schneverdinger Kulturvereins ist ausverkauft – die letzten Karten gingen schon in der ersten Stunde über die beiden Verkaufstresen. Wer jetzt noch bei bestem Wetter von den souligen Klängen des Australiers Joel Havea angelockt wird, der muss die Musik von außerhalb genießen.
Rund um die historische Hofanlage parken Autos mit Kennzeichen aus dem gesamten norddeutschen Raum. Eine ganze Busladung Gäste sei eigens aus Westfalen zu dem Event angereist, weiß Axel Baumung, stellvertretender Vorsitzender des Kulturvereins. Für den Moderator des Abends, Steve Baker, der auf der Bühne auch selbst musikalisch mitmischt, ist der Andrang keine Überraschung. „Das ist hier im Norden das wichtigste Festival für die Blues ´n Roots-Szene, das sind echte Fans, die das Familiäre und die moderaten Preise schätzen.“ Die Gigs würden von international bekannten Künstlern bestritten, sagt Baker, während Havea von der Bühne aus mit lässig-schmauchigem Sound die Musikliebhaber in seinen Bann zieht.
Nach Havea rockt der Afroamerikaner Earl Thomas mit kraftvoller Stimme die Bühne. Der Mann aus Tennessee hat mit seinen Liedern schon Topstars wie Tom Jones und Etta James zum Covern inspiriert. Er ist das erste Mal in Schneverdingen und trifft auf ein dankbares Publikum, das auf Bänken, Stühlen oder auch im Stehen mitgeht.
Das 2006 begründete Festival, lockt gezielt Independent-Musiker wie auch deren Fans an. „Das hier hat echt Potenzial und könnte ausgebaut werden“, findet etwa ein eingefleischter Independentmusik-Anhänger aus Hamburg. Doch beim Kulturverein will man nicht an einen Ausbau denken, ein größeres Volumen anstreben. „Hier sind wir familiär, hier haben alle Spaß, und genau darum geht es“, sagt Baumung, während die abendliche Sonne ihre letzten wärmenden Strahlen auf die lebensfreudige Szenerie entsendet. „Der Theeshof bietet alles, was wir für das Festival brauchen: Charme, Infrastruktur und Spaß ohne Stress. Wir machen das hier ehrenamtlich, und nur deshalb funktioniert es auch so, dass es allen Freude macht.“
Vielleicht könnte man mit der Independent-Musik, mit Stars wie Havea, Thomas oder auch dem Bluesgitarristen Henrik Freischlader und anderen tatsächlich ein kleines Stadion füllen. Doch das „Blues, Roots & Song“-Festival passt mit seinem überregionalen, aber gerade noch familiären Charakter, mit seiner Überschaubarkeit jenseits der Massenkultur-Events zu Schneverdingen. Mehr noch: Soul und Blues treffen im musealen Umfeld am Langelohsberg auf Heidjer-Kulturgeschichte – der Theeshof erweist sich als wunderbares Schaufenster, das einen Blick in beide Richtungen freigibt.